Fairtrade – das bekannteste und erfolgreichste Nachhaltigkeitssiegel - Andrea Rechtsteiner
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Fairtrade – das bekannteste und erfolgreichste Nachhaltigkeitssiegel

Fairtrade ist mittlerweile eines der bekanntesten Siegel im Textil- und Bekleidungsmarkt. Man stößt bei Textilien vom Discounter oder vom Fachhandel genauso darauf, wie im B2B-Bereich der Berufsbekleidung und der Objekttextilien.

Fairtrade (www.fairtrade.de) bezeichnet sich selbst als eine Strategie zur Armutsbekämpfung. Und so könnte der Beitrag beginnen mit: „Neulich im Dritte-Welt-Laden …“. Weit gefehlt. Das Thema Nachhaltigkeit und fairer Handel hat nichts mehr mit Birkenstock-Sandalen, Häkelsocken und kratzigen Wollpullis zu tun. Was in der Vergangenheit eher eine Beschäftigung für elitäre Minderheiten war, werde zum Mainstream, äußert das anerkannte Zukunftsinstitut aus Kelkheim. Es spricht von einem „Megatrend Neo-Ökologie“. Glaubt man den Ausführungen, wird nachhaltiges Handeln der neue Standard. Keiner Wunder dass Fairtrade so erfolgreich ist, ja nahezu boomt. Der Organisation kommt entgegen, dass im Anschluss an die Ego-Kultur seit den 90-er Jahren(„Geiz ist geil“) die Sehnsucht nach einer neuen Anstandskultur erwachsen ist, um die daraus entstandenen Ohnmachtsgefühle zu überwinden. Die Gesellschaft erwartet glaubwürdiges Handeln von Unternehmen. Kunden und Verbraucher erwarten sehr konkrete Belege nachhaltiger, sozial- und umweltverträglicher Produkte und Services.

Nach zaghaftem Beginn bei Fairtrade war bald die Einsicht gewachsen, dass die einzige Möglichkeit, um die Verkaufsmöglichkeiten zu erhöhen, darin lag, fair gehandelte Produkte dort anzubieten, wo die Kunden normalerweise hingehen, und zwar in größere Kaufhausketten. Dazu mussten die Kunden den fair gehandelten Produkten und deren jeweiliger Herkunft bedingungslos vertrauen können. Das war die Geburtsstunde eines unabhängigen Zertifikats. Während “Max Havelaar“ in Ländern wie Belgien, der Schweiz, Dänemark und Frankreich verwendet wurde, sind in anderen Ländern wie Deutschland, Österreich und Italien die Produkte mit dem „Transfair“-Siegel ausgezeichnet. Mittlerweile haben sich verschiedene internationale Siegelorganisationen zu der gemeinsamen Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO), heute Fairtrade International, zusammengeschlossen.

Fairtrade wurde von der FLO ins Leben gerufen um die Standards des fairen Handels zu professionalisieren und klarer zu definieren. 2003 wurde eine Internationalisierung des Siegels durchgeführt. Seitdem ist in 19 Ländern das blau-grüne Fairtrade-Siegel zu finden.

Das FAIRTRADE-Gütesiegel

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TransFair ist eine unabhängige Initiative und vertritt Fairtrade seit 1997 in Deutschland. Die Organisation TransFair hat sich 1991 als AG Kleinbauernkaffee e.V. gegründet. Bereits 1992 wurde der Verein umbenannt und trägt bis heute den Namen „TransFair – Verein zur Förderung des fairen Handels mit der Dritten Welt e.V. Seit 2005 engagiert sich Fairtrade für den fairen Anbau von Baumwolle für Kleinbauern und seit 2007 ist auch TransFair in der Textilbranche zu finden.

Die Mission des Vereins: TransFair verbindet Produzenten und Konsumenten und unterstützt Produzenten, damit sie die Armut aus eigener Kraft überwinden, ihre Stellung stärken und ihr Leben selbst bestimmen können.

Der in Köln ansässige Verein ist mittlerweile zu einer Organisation mit 50 Beschäftigten in Köln angewachsen. Der TransFair e.V. vertritt erfolgreich das Fair-Trade-Siegel in Deutschland. Der Verein hat allein in Deutschland 300 Partnerunternehmen und bietet mehr als 3.000 Fairtrade-Produkte in rund 42.000 Verkaufsstellen an. Im Jahr 2015 wurden 987 Millionen Euro mit Fairtrade Produkten in Deutschland umgesetzt, ein Anstieg von 18% im Vergleich zum Vorjahr. 2016 wurde erstmals die Milliardengrenze überschritten.

Traditionell befasst sich der faire Handel mit landwirtschaftlichen Gütern, die aus Entwicklungsländern in Industrieländer exportiert werden. Das Zertifizierungssystem der FLO umfasst heute von Kaffee, (Eis-)Tee, Bananen, über Kakao und Schokolade, auch Produkte wie Baumwolle und Wein. Für Schnittblumen existiert seit 1998 ein eigenes Siegel unter dem Namen Flowerlabel, das durch den gemeinnützigen Verein Flower Label Program (LP) vergeben wird.

Die Kaufentscheidungen werden immer Stärker durch Aspekte der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung beeinflusst. Bereits 77% der Bevölkerung gibt an, dass ein Gütesiegel die Kaufentscheidung vereinfacht.

Da sich der faire Handel immer stärker auf industrielle Produkte wie etwa Bekleidung ausweitet ist dies Grund genug, dass sich Textil- und Bekleidungshersteller und Textil Service näher damit befassen. Hier stehen in erster Linie die Komponenten des Baumwollanbaus und Herstellung der Textilien im Vordergrund. Die größten Probleme und Herausforderungen stellen hier insbesondere lange, komplexe Lieferketten, undurchsichtige Prozesse und das fehlende Bewusstsein von Arbeitern für ihr Arbeitsrecht dar. Durch die Verwendung von fair gehandelter Baumwolle unterstützt man beispielsweise stabile Mindestpreise, Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit und eine umweltschonende Produktionsweise.

Das Fairtrade Textilsiegel gibt es nur in Verbindung mit einem Text, in dem steht, inwieweit das Unternehmen oder die Marke den Standard der Einhaltung ihrer jeweiligen Lieferkette erreicht hat. Zudem wird gekennzeichnet ob Fairtrade-Baumwolle oder andere verantwortungsvoll produzierte Fasern verwendet wurden.

Nachhaltige Textilien gewinnen an Bedeutung. Daran hat sicher auch das Fairtrade-Siegel gehörigen Anteil. Es ist sicher nicht nur eines der bekanntesten, sondern auch der bedeutendsten Siegel, auch wenn die Zertifizierungsregeln in jüngerer Zeit schrittweise im deutlicher aufgeweicht werden. Mit Fug und Recht kann behauptet werden: Fairtrade ist zu einer „Money-Machine“ geworden. In Zukunft wird sicher kritisch zu betrachten sein, ob und inwieweit sich Fairtrade von seinem ursprünglichen Gedanken fort bewegt!

Andrea Rechtsteiner
a.rechtsteiner@andrea-rechtsteiner.de